©2006 Prof. Dr. med. Bernhard von Barsewisch. Alle Rechte vorbehalten.
Die Porzellansammlung v. Barsewisch
Wie bin ich dazu gekommen, die größte
Sammlung an mitteleuropäischen
unterglasurblauem Porzellan zusammenzutragen,
die nun in Wolfshagen ausgestellt ist? Wie jede
größere Aktion mehrere Ursachen hat, fließen
auch hier alte Erinnerungen, manche
Informationen, Gelegenheiten und Ereignisse zusammen. Das
früher wirklich nicht seltene Meißner Zwiebelmuster war auch im
Haushalt meiner Eltern das Sonntagsgeschirr und aus frühester
Kindheit verbindet sich damit die Erinnerung an die am
Frühstückstisch zusammensitzende Familie. Oder es gab den
Sport der älteren Geschwister, die Dessert-Teller (die mit dem
durchbrochenen Rand, die „Kompott-Teller der sparsamen
Hausfrau“) blitzschnell auszutauschen, um den angeblich
echteren zu benutzen, der die Schwertermarke schon auf der
Vorderseite und nicht nur als Marke auf der Rückseite zeigt. Über
die Flucht wurde ein Teil des Porzellans gerettet und ich erbte
davon nach dem Tod meiner Mutter. Es blieb lange auf dem
Dachboden, aber in meiner Assistentenzeit in Essen benutzte ich
es für besondere Anlässe. 1968 beim Einzug in München räumte
ich es freudig in einen eingebauten Schrank, der aber am
nächsten Morgen zusammenbrach und mit einem schrecklichen
Geräusch ein großer Scherbenhaufen verursachte.
Nun ging es ans Nachkaufen und plötzlich stand ich vor vielen
Speisetellern, aber mit der Frage: Welchen wünscht man sich,
mehr blau oder mehr graublau? Mehr scharf gezeichnet oder
mehr verschwommen? Bei den ererbten Stücken hatte sich diese
Frage nicht gestellt, jetzt musste man genauer hinsehen.
Dann ergab es sich, dass irgendwo privat
Zwiebelmuster-Stücke angeboten wurden, von
denen ich sofort erkannte, dass sie viel schöner
und phantasievoller gemalt waren als die des 19.
Jahrhunderts, die Stücke waren aus dem 18.
Jahrhundert, wie ich auch schon woanders welche
gesehen hatte. Das war dann der Beginn der eigentlichen
Sammlung. Bald darauf habe ich andere unterglasurblaue Dekors
erworben und großen Sammeleifer entwickelt. Von
identifizierbaren Servicen tauchten nämlich häufig nur
Einzelstücke auf, weil unterglasurblau auch bedeutet:
Gebrauchsporzellan. Für den täglichen Gebrauch sind
Aufglasurmalereien zu empfindlich und nutzen sich ab, Farben
unter der Glasur kann das nicht geschehen. Auch die kühle
Eleganz der Farbkombination, unabhängig vom Dekor, hat mich
immer angesprochen. So entstand eine umfangreiche
Sammlung, die neuesten Stücke habe ich mir immer schön
aufgestellt, aber schließlich fehlte der Platz für das Ganze.
Da ergab sich, dass das Bayerische
Nationalmuseum Zweigmuseen im Lande gründete
und in der Porzellangegend der Oberpfalz, in
Weiden, ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert,
den Waldsassener Kasten zu einem Museum
herrichtete www.die-neue-sammlung.de. In diesem
Internationalen Keramikmuseum Weiden stellten andere Museen
Depotbestände aus, frühgeschichtliche ägyptische Objekte und
aus der Neuen Sammlung Jugendstilkeramik etc. Aber für das
europäische Porzellan fehlte es an Doubletten, deshalb kam
meine Sammlung dort recht, um vielerlei europäische
Manufakturen, wenn auch nur eingeengt auf das Gebiet der
Blaumalerei, darzustellen.
Davor hatte ich den massiven Mangel an Literatur zu dem Thema
bemerkt, alleine die Meißner Muster aufzuspüren und zu
benennen, war nicht so einfach. Ich stellte deshalb meine
Sammlung in der Zeitschrift KERAMOS der Gesellschaft der
Keramikfreunde vor, Nr. 121, 1988 und verfasste damit die erste
deutsche Monographie zu dem Thema, die nicht nur Meißen,
sondern auch andere Manufakturen behandelt. In der Sammlung
sind ja ca. 50 Manufakturen vertreten, z. T. ganz unbedeutende
und kurzlebige, sonst unbekannte.
Als aber die Verwendung des Gutshauses
Wolfshagen als Schule (seit 1952) allmählich
endete, erschien es sinnvoll, dort ein Museum
einzurichten, um diese wertvolle Bausubstanz zu
beleben und zu erhalten. Seit dem Mittelalter Sitz
der Familie Gans zu Putlitz sollte natürlich die
lokale Geschichte, die Einrichtung eines märkischen Gutshauses
im Vordergrund stehen. Im ersten Stock aber waren neun Räume
hervorragend geeignet, um die gesamte Sammlung von ca. 1.000
Stück auszustellen. So hat jeder Raum seinen eigenen Charakter
und sein stark kontrastierendes Programm zum vorhergehenden.
Die von nahegelegener Tischlerwerkstatt maßgeschneiderten
Vitrinen, die historischen Raumfassungen in dem Gebäude von
1787 bilden einen hervorragenden Rahmen für die umfassende
Darstellung der Blaumalerei. So wurde das Museum 2002
eröffnet und hat über den regionalen Rahmen mit dieser
Spezialsammlung auch eine überregionale Bedeutung.
Bernhard von Barsewisch
Prof. Dr. med.